Katzenhilfe Neuwied e.V.

 
 

Kann man Katzen eigentlich erziehen?

Von , letzte Aktualisierung am 01.09.2024 um 00:24 Uhr

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Publisher: Katzenhilfe Neuwied e.V.
Für eine harmonische Mensch-Katze-Beziehung kann und sollte man etwas tun.
Für eine harmonische Mensch-Katze-Beziehung kann und sollte man etwas tun. - © Copyright: Doris Litz, Bild wurde nachbearbeitet.

Wissen Sie, was die einjährige Glückskatze Pippa, die vierjährige schwarze Shiva und der fünf Jahre alter schwarz-weiße Freddy gemeinsam haben? Sie kamen alle innerhalb kurzer Zeit zu uns, weil ihre Menschen nicht mehr mit ihnen klarkamen. Auf einen kurzen Nenner gebracht neigen alle drei dazu zuzuschlagen, wenn ihnen das, was ihre Menschen tun oder nicht tun, gegen den Strich geht. Am tollsten hat es zweifellos Freddy getrieben, der seine Besitzerin mehrfach hart attackierte.

Mit Beinen schmusen ist okay, zerkratzen geht nicht.
Mit Beinen schmusen ist okay, zerkratzen geht nicht. - © Copyright: Doris Litz, Bild wurde nachbearbeitet.

Es sind durchaus unterschiedliche Situationen, in denen manche Katzen sich in dieser Weise danebenbenehmen. Shiva zum Beispiel konnte den neuen Menschennachwuchs partout nicht leiden – klar, er stahl ihr ja auch die Show. Die junge Pippa schlägt zu, wenn sie (ihrer Meinung nach) nicht ausreichend beachtet wird. Und bei Freddy wissen wir nicht so genau, was ihm gegen den Strich ging. Fest steht aber, dass er es vor allem auf seine frühere Besitzerin abgesehen hatte. 

Wären unsere drei „Problemkinder“ Menschen, würde man sie wohl so beschreiben: Sie sind übermäßig geltungsbedürftig, stehen krankhaft gern im Mittelpunkt und sind echt sauer, wenn die Dinge nicht so laufen, wie sie es wollen. Mit anderen Worten: Sie sind bis an die Schmerzgrenze – und das ist diesmal wörtlich gemeint! – verwöhnt. 

Nun wissen wir ja, dass verwöhnte „Kinder“ auf irgendeine Weise falsch erzogen wurden. Sie haben keinen Respekt für ihre Versorger und sie leiden unter chronischer Selbstüberschätzung. Klar, da muss schnellstens gegengesteuert werden, damit die Situation nicht völlig eskaliert und der Nachwuchs unwiederbringlich außer Kontrolle gerät. Doch wie erzieht man eine Katze? Geht das überhaupt?

Dazu ein klares: Jein! Denn bevor wir darauf eingehen, wie´s funktionieren kann, müssen wir darüber sprechen, was in diesem Fall unter Erziehung zu verstehen ist. Fangen wir damit an, was es nicht ist: Erziehung in unserem Sinn ist keine Dressur – obwohl das bei manchen sehr schlauen und sehr gelangweilten Katzen auch funktionieren kann. 

Nicht alle Katzen kommen so gut miteinander aus.
Nicht alle Katzen kommen so gut miteinander aus. - © Copyright: Doris Litz, Bild wurde nachbearbeitet.

Erziehung in unserem Sinn ist auch keine Charakter-Korrektur. Wer ein sehr eigenständiges, freiheitsliebendes Tier besitzt, kann aus ihm keine unterwürfige Indoor-Schmusekatze machen. Aus einem klassischen Einzelgänger lässt sich kein liebevoll-tolerantes Mitglied eines Mehrkatzenhaushaltes machen. Und wer seinem Stubentiger Angewohnheiten abtrainieren will, die zwar lästig sind, aber nun mal zu seinem natürlichen Verhaltensrepertoire gehören, kann auch gleich kapitulieren. Versuchen Sie sich dennoch in dieser Manipulation wider die Natur, kann Ihr tierischer Mitbewohner Sie im günstigsten Fall  in Kürze nicht mehr leiden, im ungünstigsten wird das Tier verhaltensauffällig oder sogar krank.

Was aber geht, ist das Erlernen von vernünftigen und respektvollen Umgangsformen, die allen Beteiligten ein gutes Zusammenleben ermöglichen. Denn wer Teil einer sozialen Gemeinschaft sein will, muss seinen Platz kennen, damit er nicht zum Störenfried wird oder (in freier Wildbahn) sogar die ganze Gruppe gefährdet. Tierkinder lernen artgerechtes Sozialverhalten – und damit überaus wichtige Überlebensstrategien – in aller Regel von ihrer Mutter oder, je nach Art, im „Rudel“. Kein Wunder, dass die unsozialsten Kätzchen oft „Flaschenkinder“ sind, die schon als kleinste Babys von Menschen aufgezogen werden mussten, weil ihre echte Mama ausfiel.
Wer schon einmal eine Mutterkatze und ihre Welpen beobachtet hat, dem ist vielleicht aufgefallen, dass die liebe- und aufopferungsvollste Mama ziemlich unwirsch reagieren kann, wenn ihr Nachwuchs größer, wilder und damit auch pöbeliger wird. Wird zu rücksichtslos gerauft, fangen erst die drangsalierten Geschwister quiekend an zu protestieren. Reicht das zur Korrektur des unverschämten Verhaltens nicht aus, gibt´s von Mama eine ziemlich deutliche Ansage, was meist fauchend geschieht. Ihre natürliche Umwelt – Mutter und Geschwister – signalisiert Katzenkindern also sehr deutlich, was erwünscht ist und was nicht. Das zu lernen ist im Katzenleben völlig normal – und für den Nachwuchs ausgesetzter oder Wildkatzen überlebenswichtig.

Sozialverhalten lernen Katzenkinder auch von ihren Geschwistern.
Sozialverhalten lernen Katzenkinder auch von ihren Geschwistern. - © Copyright: Doris Litz, Bild wurde nachbearbeitet.

Insofern ist unser Projekt „Katzenerziehung“ relativ einfach. Wir signalisieren unserem vierbeinigen Mitbewohner schlicht, was wir akzeptieren und was nicht. Dabei gibt es natürlich einige Stolpersteine. Schließlich sind wir keine schlauen Katzenmütter.

Ihre Katze muss Ihnen gefallen wollen, das heißt, sie sollte sie als Haushaltsvorstand und Regelbestimmer anerkennen. Das ist natürlich bei sanften, schmusebedürftigen Kätzchen relativ einfach, bei unberechenbareren Charakteren jedoch etwas anspruchsvoller. Zunächst einmal gilt, dass Liebe besser ist als Angst, besonders beim Aufbau einer Beziehung. Machen Sie ihrer Katze also keine Angst, indem sie laut werden und rumtoben, wenn Ihnen etwas nicht gefällt. Und ernsthafte körperliche Übergriffe sind natürlich sowieso tabu. Ein klares Nein ist vielfach absolut ausreichend, denn Katzen sind schlau und sensibel und wissen meist sofort, was dieses Wort, in angemessener Strenge vorgetragen, bedeutet.

Akzeptabel ist darüber hinaus alles, was eine Katzenmutter auch tun würde, wenn ihr Nachwuchs zu übermütig wird. Ein „böser“ Blick (also streng und ohne Blinzeln) oder ein angedeutetes Fauchen (etwa ein Sch-Sch-Zischen) wirken oft Wunder. Da diese Reaktionen meist zum natürlichen Repertoire gehören, wenn uns jemand nervt, sind sie auch leicht zu merken und ganz spontan einsetzbar.

So lieb sie auch dreinschauen, ein paar Regeln müssen sein.
So lieb sie auch dreinschauen, ein paar Regeln müssen sein. - © Copyright: Doris Litz, Bild wurde nachbearbeitet.

Vor allem aber sollte man eine ungezogene Katze nicht belohnen! Wenn der tiefere Sinn der tierischen Unverschämtheit also das Erzwingen von Aufmerksamkeit ist, schenken sie Ihrer Katze diese auf keinen Fall – auch nicht durch Schimpfen. Ignorieren Sie sie stattdessen nach einem kurzen „Faucher“ oder den Nein, das ist für jedes soziale Wesen eine schlimme Strafe. Und wenn sie Ihnen trotzdem weiter am Bein klebt, verbannen sie Ihr Stalker-Kätzchen aus Ihrer Nähe – also entweder in den Garten oder in ein anderes Zimmer, kleine Kätzchen besser in eine entsprechende Katzenbox, die zum Beispiel auch zum Schlafen genutzt werden kann. Lautstarke Protestaktionen müssen sie aushalten und ignorieren.

Das alles funktioniert allerdings nur unter einer Voraussetzung: dass Ihre Katze Sie ernst nimmt! Dafür müssen Sie eigentlich nur eins tun: konsequent sein. Heute so, morgen so – das funktioniert weder bei Kindern noch bei Haustieren. Wenn Sie der Boss sein wollen, muss man sich auf Sie verlassen können – und zwar immer und in jeder Situation. Egal, wie Ihre Laune gerade ist, einmal „Fünfe gerade sein lassen“ eröffnet Ihrer Katze die Option, Ihre Anordnungen jeden Tag infrage zu stellen, weil das, was Sie sagen, eben nicht verbindlich ist. Je selbstbewusster und dominanter Ihre Katze (oder übrigens auch Ihr Hund) ist, umso mehr stellen Sie sich durch Inkonsequenz selbst infrage.

Hört sich kompliziert an? Ist es eigentlich nicht. Aber es erfordert durchaus ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit für den Charakter Ihrer Katze. Je besser Sie Ihr Tier kennen(lernen), umso angemessener können Sie in kritischen Situationen reagieren. Und es wäre auch nicht schlecht, sich mit dem Einmal-Eins der Katzensprache vertraut zu machen, denn das erleichtert die Kommunikation ungemein. So ist es zum Beispiel sehr hilfreich, die Beschwichtigungsgesten einer ausgeschimpften Katze erkennen und beantworten zu können, damit kein Zweifel daran besteht, dass Sie Ihrem Tier zwar nicht alles durchgehen lassen, es aber trotzdem lieben. Wie im richtigen Leben ist Versöhnung auch hier wichtig. 

Katzenmütter sind sehr geduldig- sie können aber auch anders.
Katzenmütter sind sehr geduldig- sie können aber auch anders. - © Copyright: Doris Litz, Bild wurde nachbearbeitet.

Fast überflüssig, aber vorsichtshalber doch vorgetragen, ist die Binsenweisheit, dass es sehr viel leichter ist, ein Katzenkind zu erziehen als ein älteres Exemplar, das sich schon viele Unarten angewöhnt hat. Deshalb sollten „Eltern“ eines zuckersüßen, aber meist auch recht wilden Katzenbabys sich sehr genau überlegen, ob sie das Verhalten, das sie ihrer kleinen Katze heute durchgehen lassen, morgen bei ihrem erwachsenen Tier auch noch erdulden wollen. Wir denken da an den 500-Gramm-Zwerg, der voller Begeisterung und unter Einsatz seiner kleinen, putzigen Krallen an der Jeans seines Menschen raufkrabbelt, wenn er auf den Arm genommen werden will. Irgendwann ist Ihre Katzen (mindestens) drei oder vier Kilo schwer und möchte immer noch auf Ihren Arm … 

Unterm Strich bleibt der Hinweis, dass das harmonische Zusammenleben mit einer Katze nur dann ohne jede Mühe Ihrerseits funktioniert, wenn Ihre Katze sehr viel schlauer, großzügiger und souveräner ist als Sie und die Führungsrolle übernimmt, ohne dass Sie sich schlecht dabei fühlen. Das wäre aber zweifellos nur die zweitbeste Lösung.   

Brauchen Sie Hilfe bei der Erziehung Ihrer Katze? Dann lesen Sie sich diesen, zugegeben ziemlich langen, Beitrag noch einmal genau durch. Reicht das nicht aus, dürfen Sie uns gern um Rat fragen:  0170 – 90 22 472. (Da wir ehrenamtlich arbeiten, sind wir nicht immer erreichbar. Versuchen Sie es einfach weiter.)

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