Kennen Sie Faltohrkatzen? Man nennt sie auch „Scottish Fold“. Als schön würde sie wohl kaum jemand bezeichnen, schließlich sehen sie aus wie Britisch-Kurzhaar-Katzen, denen man die Ohren abgeschnitten hat. Trotzdem gibt es Freunde dieser „Rasse“, denn sie sind etwas Besonderes. Und wer glaubt, dass besonders mit besonders gut gleichzusetzen ist …
Wir sind keine Fans dieser armen Geschöpfe, denn sie sind der Inbegriff der Qualzucht. Das Besondere an den „ohrlosen Schotten“ ist nämlich ein defektes Gen, das dazu führt, dass Knorpel- und Knochengewebe sich nicht vollständig ausbilden können. Sichtbarstes Zeichen: verkrüppelte Ohren. Das ist, wie gesagt, Geschmackssache.
Schlimmer sind da schon die gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die diesen Tieren früher oder später – meist früher! - das Leben zur Hölle machen: Fehlbildungen des Skeletts führen zu Verdickungen an Beinen, Pfoten und Schwanz, Letzterer kann bretthart und völlig unbeweglich werden. Gelenke sind chronisch entzündet, schon sehr junge Katzen können oft kaum noch laufen und gar nicht mehr springen. Hinzu kommt, dass auch die abgeknickten Ohren oft nicht ausreichend belüftet sind und ebenfalls zu Entzündungen neigen.
Je intensiver die genetische Vorbelastung, umso früher setzt der Leidensprozess ein, denn die Erkrankungen sind allesamt äußerst schmerzhaft. Am schlimmsten und am schnellsten sind Tiere betroffen, wenn beide Eltern Faltohrkatzen waren – „seriöse“ Züchter verpaaren deshalb in der Regel ein krankes Tier mit einer (gesunden) British-Kurzhaar-Katze. Die seit einigen Jahren in Massen auftauchenden „Hobbyzüchter“, die ihre Tiere vorzugsweise zum Schnäppchenpreis im Internet anbieten, achten meist weniger auf solche Details – sei es aus Gleichgültigkeit oder aus schlichtem Unwissen.
Natürlich gibt es auch andere problematische Katzenrassen, die von Zeit zu Zeit „in Mode“ kommen. Beinahe schon „Klassiker“ sind Perser mit ihren „eingedrückten“ Nasen, die im Extremfall kaum atmen können. Sehr beliebt sind zurzeit aber zum Beispiel auch Bengal-Katzen, die nicht zufällig genauso heißen wie ihre wilden Verwandten, die in Asien durch den Dschungel streifen oder im Zoo ziemlich unwillig auf allzu neugierige Besucher reagieren. Es sind halt echte (kleine) Raubkatzen, die unglücklicherweise nicht nur ein wunderschönes, leopardenähnliches Fell haben, sondern sich auch mit Hauskatzen verpaaren lassen.
Ein paar Generationen später – was bei Katzen ja bekanntermaßen nicht sehr lange dauert - haben wir eine ungewöhnlich attraktive „Rassekatze“, die sich prima verkaufen lässt. Nun ja, wer sich vage erinnert, was er einst im Biologieunterricht über die Mendelschen Erbregeln gelernt hat, könnte natürlich auf die Idee kommen, dass eine stattliche Anzahl der Nachkommen ihrem Raubtier-Vorfahren ähneln müsste.
Und tatsächlich kommt es immer wieder vor, dass einzelne der wunderschönen Kätzchen hypersensibel sind (im Dschungel lauern halt überall Gefahren), wie Furien auf Artgenossen reagieren (es kann nur eine/n pro Zehn-Quadratkilometer-Revier geben), das Leben im Haus nicht ertragen können oder einfach nicht viel von Menschen halten – auch nicht von denen, die glauben, ihre Besitzer zu sein. Und eine Eigenschaft haben fast alle diese Tiere von ihren wilden Vorfahren übernommen: Sie sind erstklassige Jäger und halten die gesamte Siedlung garantiert mause- und vogelfrei!
Warum Scottish-Fold-Katzen für uns trotzdem eine Problemzucht besonderer Qualität sind? Wegen Mogli, Leo und Charly. Die drei Jungs sind einer nach dem anderen im letzten dreiviertel Jahr bei uns aufgelaufen – nachdem wir, soweit unsere Erinnerungen zurückreichen, bis dahin überhaupt noch keinen ihrer Art in Pflege hatten. Der knapp vierjährige silbergraue Mogli kam noch am besten weg, denn er hatte bis auf seine Knicköhrchen keine auffälligen Symptome und fand relativ leicht ein neues Zuhause.
Schwieriger war es für Leo. Der war erst eineinhalb und ebenfalls weitgehend beschwerdefrei, aber Beinen und Füßen war bereits anzusehen, dass sie ihm früher oder später Probleme bereiten würden. Das war auch seinen neuen Leuten klar, und so bleiben wir als Verein für ihn hinsichtlich künftiger Tierarztkosten mit in der Haftung.
Charly war ein überaus liebenswertes Wesen, aber schon acht und damit ziemlich alt für eine Faltohrkatze. Bereits der erste Tierarztbesuch brachte das Ausmaß seines Leidens ans Licht – und wurde für ihn zu einem zwar erlösenden, aber auch unerwartet schnellen und traurigen Ende.
Übrigens gibt es für Faltohrkatzen seit knapp 20 Jahren eine – in vielen anderen Ländern längst umgesetzte - Zuchtverbotsempfehlung vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Warum noch nichts passiert ist? Tja, keine Ahnung. Vielleicht war einfach noch keine Zeit …
Falls Sie ihr Leben trotz allem unbedingt mit einer dieser problematischen „Rassekatzen“ teilen wollen, dann fragen Sie doch mal bei den Tierschutzvereinen in Ihrer Nähe nach. Die Wahrscheinlichkeit, dass dort eine traurige Katzen-Waise auf Menschen wie Sie wartet, ist ziemlich groß. Denn spätestens bei der dritten oder vierten Tierarztrechnung kommen die meisten der eher trend- als verantwortungsbewussten Tierbesitzer auf den Gedanken, dass ihr exklusiver Katzengeschmack auf Dauer schwer zu finanzieren ist.
Aber dafür gibt es ja zum Glück Tierschutzvereine, die – wenn auch zähneknirschend – bereit sind, die unüberlegt angeschafften Tiere aufzunehmen und die fremde „Suppe“ auszulöffeln. Im schlimmsten Fall bedeutet dies, dass wir diesen armen Geschöpfen, wie im Fall von Charly, beim Sterben zusehen müssen.
Deshalb bitten wir alle verantwortungsbewussten Katzenfreunde, die Zucht dieser Tiere nicht durch rege Nachfrage anzukurbeln. Jeder, der ein solches Tier kauft, sorgt mit dafür, das weiteres Leid produziert wird. Also bitte, kaufen Sie keine Faltohrkatzen!